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atriga News

Tokenisierung von Vermögenswerten:

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Hans-Gert Penzel über die Zukunft des Eigentums (2/2)

Laut Prof. Dr. Hans-Gert Penzel, anerkannter Finanzfachmann, Mitglied des atriga Beirats und ehemaliger Generaldirektor und CIO der Europäischen Zentralbank, sind Tokens schon jetzt ein natürlicher Teil der digitalen Welt. Sie erlauben die durchgehende Digitalisierung von Prozessen ohne Medienbrüche und können deshalb als Wertspeicher nahezu überall eingesetzt werden. In quantitativen Betrachtungen werden sie als wirtschaftlich hochattraktiv dargestellt, weil Prozesse günstiger, schneller und transparenter werden.

Im zweiten Teil des Interviews lesen Sie unter anderem, welche Rolle die Regulation auf EU-Ebene spielt und welche Auswirkungen die Tokenisierung auf Banken haben wird. Den ersten Teil des Interviews finden Sie hier.

 

Welche Hürden gibt es noch für den breiten Einsatz von Tokens?

Im Bereich Technologie sind die entsprechenden Protokolle nicht immer ausreichend ausgearbeitet und standardisiert, vor allem bei Smart Contracts. Zudem besteht ein Mangel an komfortablen, breit verfügbaren Wallets zur Aufnahme der Tokens.

Dann hakt es ganz klar an der Regulation und deren Umsetzung: Die Klassifikation von Tokens via Taxonomie ist unvollständig und uneinheitlich, die Anforderungen an einzelne Token-Klassen in der EU nicht klar definiert. Die Sicherstellung von Know Your Customer Konzepten bleibt unbefriedigend. Das Zauberwort heißt MiCA, also die EU-Verordnung über Markets in Crypto Assets, die hoffentlich bis 2024 verabschiedet und umgesetzt wird. Aber die Verbriefung von Immobilien und die Spiegelung komplexer Rechte wird trotzdem umständlich bleiben.

In Punkto Wirtschaftlichkeit belasten die zahlreichen analogen Zwischenschritte das Ergebnis, so dass von der avisierten, 65-prozentigen Kostensenkung vielleicht nur 20 Prozent übrigbleiben.

Auch im Bereich Akzeptanz belastet die Umständlichkeit analoger Zwischenschritte die Bilanz. Hinzu kommt die schwierige Nachvollziehbarkeit komplexer Kontrakte und die Angst, dass sich die Schein-Anonymität auf DLTs wie der Blockchain sehr schnell auflösen könnte. Rein emotional haben junge Menschen und kommende Generationen wahrscheinlich weniger Berührungsängste, da sie einfach mit dieser Technologie aufgewachsen sind.

Prof. Dr. Hans-Gert Penzel: „Wenn 2027 rund 3 Prozent des europäischen BIP auf Tokens verankert sind, ist das bereits ein Erfolg. In etwa 7 bis 10 Jahren könnten Token dann den Mainstream erreichen.“

Ausgabe 21 Newsletter 2021-06-21 Drei Fragen an Prof. Dr. Hans-Gert Penzel

Wie schätzen Sie dann die Zukunft des Tokens ein?

Es ist noch viel zu tun, aber aus meiner Sicht haben Tokens langfristig eine große Zukunft. Sie sind als digitale Verankerung von Eigentum aufgrund der Vorteile bei Effizienz, Transparenz und Schnelligkeit attraktiv. Aber es sind – wie beschrieben – noch diverse Hürden zu überwinden und Tokens werden noch viele Jahre in der Nische verharren. Wenn 2027 rund 3 Prozent des europäischen BIP auf Tokens verankert sind, ist das bereits ein Erfolg. In etwa 7 bis 10 Jahren könnten Token dann den Mainstream erreichen.

 

Welche Auswirkungen wird die Tokenisierung auf Banken haben? Im Zusammenhang mit Token taucht auch immer wieder der Begriff Embedded Finance auf.

Embedded Finance heißt ja, dass das Finanzgeschäft lediglich ein notwendiges Nebenprodukt ist: Der Kunde möchte etwas kaufen, und da muss er halt auch zahlen oder finanzieren. Die Tokenisierung macht die finanziellen Schritte besonders einfach und erlaubt damit Embedded Finance im besten Sinne. Banken, als Horte des Vertrauens, können auch hier mit ihren anhängenden Finanzleistungen die grundlegende Basis und den Endpunkt des Embedded Finance darstellen. Dazu müssen sie aber spätestens jetzt damit beginnen, entsprechende Kompetenzen aufzubauen, damit die Berater:innen den Kunden an die Hand nehmen und ihn über alle Schritte hinweg begleiten können.

Über den Gesprächspartner: Prof. Dr. Hans-Gert Penzel, Mitglied des atriga Beirats, lehrt und forscht an der Universität Regensburg. Von 2004 bis 2010 war Penzel Generaldirektor und CIO der Europäischen Zentralbank, von 2010 bis 2019 geschäftsführender Gesellschafter der ibi research an der Universität Regensburg.

Weitere Informationen und Kontakt jederzeit unter: www.atriga.com/kontakt/

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